Studie: Weltweite Unternehmensinsolvenzen steigen 2023 um 6 %

 

(GFD 10/2023) Allianz Trade veröffentlicht aktuelle Insolvenzprognosen für 2023 und 2024. Der weltweit führende Kreditversicherer geht von einem Anstieg der Insolvenzen im Jahr 2023 um 6 % und im Jahr 2024 um 10 % aus.

 

Schwindende Liquiditätspuffer und eine sich verschlechternde Rentabilität gefährden viele Branchen

 

Was steckt hinter dieser Beschleunigung? Die Rezession bei den Unternehmenseinnahmen gewinnt angesichts der geringeren Preissetzungsmacht und der schwächeren globalen Nachfrage an Zugkraft: Im 2. Quartal 2023 ist die Umsatzrezession zum ersten Mal seit Mitte 2020 auf breiter Basis über alle Regionen hinweg zu beobachten (-1,9 % gegenüber dem Vorjahr). In Verbindung mit anhaltend hohen Kosten drückt dies auf die Rentabilität. Infolgedessen verschlechtert sich die Liquiditätslage rapide und wird sich wahrscheinlich nicht vor 2025 verbessern.

 

"Die Unternehmen verfügen immer noch über eine beträchtliche Menge an überschüssiger Liquidität, 3,4 Billionen EUR in der Eurozone und 2,5 Billionen USD in den USA. Diese Liquiditätspuffer sind jedoch nach wie vor stark in den Händen großer Unternehmen und in bestimmten Sektoren wie Technologie und zyklische Konsumgüter konzentriert. Und im Allgemeinen sind die meisten Unternehmen nicht in der Lage, ihre liquiden Mittel im Kontext eines länger anhaltenden geringeren Wirtschaftswachstums durch operative Maßnahmen zu erhöhen. Insgesamt erwarten wir einen zweimaligen Anstieg der weltweiten Unternehmensinsolvenzen, mit +6 % im Jahr 2023 und +10 % im Jahr 2024, nach +1 % im Jahr 2022", erklärt Aylin Somersan Coqui, CEO von Allianz Trade.

 

Die am stärksten gefährdeten Unternehmen und Sektoren befinden sich 2023 in einer Zwickmühle, wobei das Gastgewerbe, das Transportwesen und der Groß-/Einzelhandel an vorderster Front stehen. Andere Sektoren holen schnell auf, insbesondere das Baugewerbe, wo die Arbeitsrückstände fast aufgeholt sind - vor allem im Wohnungsbau.

 

"Gleichzeitig verringern die längerfristig höheren Zinsen die Nachfrage in Sektoren wie Immobilien und langlebigen Gütern und werden die Solvenz in hoch verschuldeten Sektoren wie Versorgungs- und Telekommunikationsunternehmen zusätzlich zum Immobiliensektor auf beiden Seiten des Atlantiks unter Druck setzen. Darüber hinaus liegen die weltweiten WCR derzeit bei einem Rekordhoch von 86 Tagen, mehr als +2 Tage über dem Niveau vor der Pandemie. Höhere Zinssätze machen es für Unternehmen noch teurer, einen strukturell höheren Betriebskapitalbedarf zu finanzieren, was Risiken für Sektoren wie das Baugewerbe und den Maschinen- und Fahrzeugbau birgt", erklärt Maxime Lemerle, leitender Analyst in der Insolvenzforschung bei Allianz Trade.

 

3 von 5 Ländern werden bis Ende 2024 das Niveau der Unternehmensinsolvenzen vor der Pandemie erreichen

 

Ende 2023 wird die Normalisierung der Unternehmensinsolvenzen in den meisten westlichen Volkswirtschaften abgeschlossen sein, und 55 % der Länder werden wahrscheinlich einen starken zweistelligen Anstieg verzeichnen. Dazu gehören die USA (+47 %), Frankreich (+36 %), die Niederlande (+59 %), Japan (+35 %) und Südkorea (+41 %). Weltweit werden drei von fünf Ländern bis Ende 2024 das Niveau der Unternehmensinsolvenzen vor der Pandemie erreichen, darunter große Märkte wie die USA und Deutschland. Auf beiden Seiten des Atlantiks müsste sich das BIP-Wachstum verdoppeln, um die Insolvenzzahlen zu stabilisieren, was nicht vor 2025 der Fall sein wird.

 

"Vor dem Hintergrund eines sich verlangsamenden globalen Wirtschaftswachstums werden sich zudem die Zahlungsfristen wahrscheinlich verlängern, was den Anstieg der Insolvenzen in den kommenden Quartalen noch verstärken wird: Die weltweiten Forderungslaufzeiten liegen bei 47 % der Unternehmen bereits bei über 60 Tagen. Ein zusätzlicher Tag Zahlungsverzug entspricht einer Finanzierungslücke von 100 Mrd. USD in den USA, 90 Mrd. USD in der EU und 140 Mrd. USD in China. Da die Bankkredite für KMU bereits versiegen, könnte die Schließung dieser Finanzierungslücke eine große Herausforderung darstellen", erklärt Somersan Coqui.

 

Deutschland: Prognose bestätigt mit +22 % Anstieg, sukzessive Normalisierung

 

In Deutschland setzt sich die Normalisierung des Insolvenzgeschehens indes fort. Die Insolvenzen in der Bundesrepublik steigen deutlicher als im weltweiten Durchschnitt, allerdings von niedrigem Niveau kommend.

 

"Wir sehen 2023 einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen in Deutschland", sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Letztlich ist es aber eine Rückkehr zur Normalität: Am Jahresende dürften die Insolvenzen weiterhin rund 5 % unterhalb des Niveaus von vor der Pandemie 2019 liegen und dieses erst nach einem weiteren Anstieg im kommenden Jahr überschreiten."

 

Allianz Trade ist weltweiter Marktführer im Kreditversicherungsgeschäft und anerkannter Spezialist für Bürgschaften und Garantien, Inkasso sowie Schutz gegen Betrug oder politische Risiken. Allianz Trade verfügt über mehr als 100 Jahre Erfahrung und bietet seinen Kunden umfassende Finanzdienstleistungen an, um sie im Liquiditäts- und Forderungsmanagement zu unterstützen.

 

Über das unternehmenseigene Monitoring-System verfolgt und analysiert Allianz Trade täglich die Insolvenzentwicklung von mehr als 83 Millionen kleiner, mittlerer und multinationaler Unternehmen. Insgesamt umfassen die Expertenanalysen Märkte, auf die 92% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) entfallen.

 

Mit dieser Expertise macht Allianz Trade den Welthandel sicherer und gibt den weltweit über 70.000 Kunden das notwendige Vertrauen in ihre Geschäfte und deren Bezahlung. Als Tochtergesellschaft der Allianz und mit einem AA-Rating von Standard & Poor's ist Allianz Trade im Schadensfall der finanzstarke Partner an der Seite seiner Kunden.

 

Das Unternehmen mit Hauptsitz in Paris ist in über 50 Ländern vertreten und beschäftigt mehr als 5.500 Mitarbeiter weltweit. 2022 erwirtschaftete Allianz Trade einen Umsatz von EUR 3,3 Milliarden und versicherte weltweit Geschäftstransaktionen im Wert von EUR 1.057 Milliarden. Autor: www.allianz-trade.com

 

Firmeninsolvenzen und Geschäftsaufgaben nehmen in Deutschland zu - Zahlungsverhalten der Unternehmen verschlechtert sich im August

 

(GFD 09/2023) Im ersten Halbjahr 2023 verzeichnete Deutschland einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres meldeten 8.570 Unternehmen Insolvenzen an, was einem Anstieg von 20,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht (1. Halbjahr 2022: 7.114 Firmeninsolvenzen).

 

Die Unternehmen stehen weiterhin vor erheblichen Herausforderungen, darunter steigende Energiekosten, Lieferkettenprobleme und anhaltende Inflation. Die Konsumzurückhaltung der Verbraucher aufgrund hoher Energiepreise und Inflation hat zu einer Verringerung ihres verfügbaren Einkommens geführt, was sich wiederum negativ auf die Unternehmen auswirkte. Die resultierenden Kaufkraftverluste belasten die Firmen zusätzlich. Dr. Frank Schlein, Geschäftsführer von CRIF Deutschland, betont: "Die finanzielle Lage vieler Unternehmen wird negativ durch gestiegene Produktionskosten, höhere Personalausgaben und einen Anstieg der Zinsen beeinflusst."

 

Trotz des Anstiegs kann nicht von einer "Insolvenzwelle" gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr um eine Rückkehr zur Normalität im Insolvenzgeschehen, nachdem in den letzten Jahren umfangreiche Unterstützungsprogramme in Milliardenhöhe durchgeführt wurden. Die Prognose für das Gesamtjahr 2023 liegt derzeit bei 17.500 Firmeninsolvenzen.

 

Der aktuelle Wert liegt auch im Vergleich zu den Vorjahren niedrig. Der Durchschnitt seit 1999 beträgt knapp 26.200 Firmeninsolvenzen pro Jahr, wobei im bisherigen Rekordjahr 2003 die Zahl bei 39.320 lag.

 

Höchste Insolvenzdichte in Bremen

 

Die höchste Insolvenzdichte im ersten Halbjahr 2023 wurde in Bremen mit 66 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen verzeichnet, während der Bundesdurchschnitt bei 28 Firmeninsolvenzen pro 10.000 Unternehmen lag. Ebenfalls über dem Durchschnitt lagen Berlin (49 Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen), Hamburg (40), Nordrhein-Westfalen und das Saarland (je 35). Die niedrigsten Anzahlen von Firmenpleiten wurden in den ersten sechs Monaten in Thüringen (20), Bayern (21) und Baden-Württemberg (22) verzeichnet. Absolut gesehen meldeten Nordrhein-Westfalen (2.160), Bayern (1.201) und Baden-Württemberg (905) die meisten Firmeninsolvenzen.

 

Am stärksten angestiegen sind die Firmeninsolvenzen im 1. Halbjahr in Bremen mit einem Plus von 75,6 Prozent. Aber auch das Saarland (plus 47,3 Prozent) und Schleswig-Holstein (plus 40 Prozent) meldeten deutlich mehr Firmeninsolvenzen.

 

Geschäftsaufgaben steigen um 13,1 Prozent

 

Die Geschäftsaufgaben verzeichneten im ersten Halbjahr 2023 einen Anstieg um 13,1 Prozent. Insgesamt gab es in den ersten sechs Monaten knapp 248.000 Unternehmensschließungen, was einem Anstieg von 13,1 Prozent oder 28.803 mehr im Vergleich zum Vorjahr entspricht. "Für viele Unternehmen ist die wirtschaftliche Lage so schlecht, dass sie keine Zukunft mehr sehen und ihr Geschäft aufgeben, noch bevor sie in eine Insolvenz geraten. Gerade für viele kleine Unternehmen ergibt eine Fortführung in der aktuellen Situation keinen Sinn", kommentiert Dr. Schlein die aktuellen Zahlen.

 

Zahlungsverhalten der Unternehmen verschlechtert sich

 

Ein erster Indikator für die weiterhin angespannte Situation bei den Unternehmen ist die Analyse des Zahlungsverhaltens von Firmen. Das Zahlungsverhalten deutscher Firmen hat sich im August 2023 verschlechtert, wie eine Auswertung von knapp 540.000 Unternehmen zeigt. Überfällige Rechnungen wurden im Durchschnitt mit einer Verzögerung von 17,9 Tagen bezahlt, während dieser Wert im August 2022 bei 16,2 Tagen lag.

 

"Wir beobachten derzeit vermehrt ein liquiditätsschonendes Verhalten seitens der Firmen", sagt Dr. Schlein. Deutschlands Unternehmen gewähren ihren Gläubigern im Durchschnitt ein Zahlungsziel von 26 Tagen. Bei Nicht- oder Spätzahlern werden Rechnungen derzeit erst nach durchschnittlich 44 Tagen bezahlt. "Unternehmen warten dadurch weitaus länger auf das Geld, als ursprünglich einkalkuliert. Damit werden sie unfreiwillig zum Kreditgeber ihrer Kunden", erklärt Dr. Schlein.

 

Es zeigen sich regionale Unterschiede beim durchschnittlichen Zahlungsverzug. Schleswig-Holstein führt im August 2023 die Liste an, mit einer durchschnittlichen Verzögerung von 25,5 Tagen (August 2022: 22 Tage) bei Zahlungszielen. Ebenso zahlen Unternehmen in Berlin (durchschnittlich 23,1 Tage verspätet) und Brandenburg (22 Tage) ihre Rechnungen mit erheblichem Verzug. In Thüringen hingegen sieht die Situation besser aus, dort zahlen Unternehmen im Durchschnitt nur mit einer Verzögerung von 11,7 Tagen.

 

Das schlechte Zahlungsverhalten von Unternehmen belastet oft mittelständische und kleingewerbliche Betriebe. Dies liegt daran, dass ein Mangel an Liquidität, der beispielsweise durch verspätete oder unbezahlte Rechnungen entsteht, als eine der häufigsten Ursachen für Insolvenzen gilt. Zusätzlich bedeuten nicht oder zu spät bezahlte Rechnungen durch Kunden oder Auftraggeber einen erhöhten Verwaltungsaufwand und zusätzliche Kosten für die betroffenen Unternehmen. Im schlimmsten Fall kann sich ein Teufelskreis entwickeln, da Unternehmen durch verspätete Zahlungen ihrer Kunden länger als geplant auf ihre eigenen Investitionen verzichten müssen oder sogar Bestellungen nicht bedienen können. Dies kann bei kleinen Unternehmen schnell zu einer wirtschaftlichen Schieflage führen. Autor: www.crif.com

 

Firmeninsolvenzen steigen in Deutschland um 4,2 Prozent

 

(GFD 03/2023) Im vergangenen Jahr meldeten in Deutschland 14.578 Unternehmen eine Insolvenz an. Damit stiegen die Firmenpleiten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,2 Prozent (2021: 13.991 Firmeninsolvenzen). So lauten die zentralen Ergebnisse der Analyse der Firmeninsolvenzen 2022 des Informationsdienstleisters CRIF.

 

2022 ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen damit erstmals seit 2009 wieder angestiegen. Die Insolvenzen befinden sich jedoch weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Seit Einführung der neuen Insolvenzordnung 1999 gab es nur 2021 noch weniger Insolvenzen.

 

Im Vergleich zum bisherigen Insolvenzhöchstjahr 2003, in dem es in Deutschland noch 39.320 Firmenpleiten gab, haben sich die Insolvenzfälle 2022 um über 60 Prozent verringert.

 

"Hauptursachen für die Firmeninsolvenzen im letzten Jahr waren die hohen Energiekosten, die bestehenden Probleme in den Lieferketten und die hohe Inflation. Hinzu kam die Konsumzurückhaltung bei den Verbrauchern, die aufgrund der hohen Energiepreise und der Inflation weniger Geld zur Verfügung hatten. Die resultierenden Kaufkraftverluste belasteten die Unternehmen ebenfalls", kommentiert CRIF Deutschland Geschäftsführer Dr. Frank Schlein die aktuellen Zahlen.

 

Bisher hat Deutschland eine schwere Rezession vermieden und es besteht Grund zur Hoffnung, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird. Jedoch ist es notwendig, dass sich die geopolitische Situation nicht weiter verschlechtert, um eine Abnahme der Inflation und eine Verbesserung der Wirtschaftslage zu erreichen.

 

"Aktuell gehen wir von bis zu 16.500 Firmeninsolvenzen im Jahr 2023 aus. Das ist ein Plus von knapp 13 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022. Wir sehen keine Insolvenzwelle, sondern vielmehr eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens in Deutschland", sagt Dr. Schlein.

 

Berlin mit der höchsten Insolvenzquote

 

Die höchste Insolvenzdichte gab es 2022 mit 82 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen in Berlin. Der Bundesdurchschnitt lag bei 48 Pleiten je 10.000 Firmen. Über diesem Wert rangieren neben Berlin auch Bremen (73 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen), Nordrhein-Westfalen (62), Hamburg (63), das Saarland und Hessen (je 53). Die wenigsten Firmenpleiten gab es im Jahr 2022 in Bayern und Thüringen (je 35 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen) und Baden-Württemberg (36).

 

Absolut gesehen meldeten die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (3.789), Bayern (1.994) und Baden-Württemberg (1.517) die meisten Firmeninsolvenzen.

 

Stärkster Rückgang in Bremen

 

Im Vergleich zum Jahr 2021 sind die Firmeninsolvenzen in Bremen am stärksten zurückgegangen (minus 33,6 Prozent). Auch im Saarland (minus 7,1 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (minus 4,1 Prozent) gab es weniger Firmeninsolvenzen. Deutlich mehr Unternehmensinsolvenzen meldeten Brandenburg (plus 40,3 Prozent), Rheinland-Pfalz (plus 17,1 Prozent), Sachsen (plus 16 Prozent) und Schleswig-Holstein (plus 15,6)

 

Baugewerbe mit den meisten Insolvenzen

 

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im Jahr 2022 im Baugewerbe. Es folgen der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen), das Gastgewerbe, die Gastronomie, die Logistik, das verarbeitende Gewerbe sowie Unternehmen aus der Branche der Garten- und Landschaftsbauer.

 

Indikatoren einer möglichen Insolvenz

 

Es gibt in der Praxis typische Verhaltensmuster, die frühzeitig auf eine prekäre Situation von Unternehmen hinweisen, etwa wenn eine schlechtere Zahlungsmoral, ein verändertes Bestellverhalten oder eine häufige Änderung in der Geschäftsführung, Bankverbindung oder Firmierung auftreten. Indikatoren sind aber auch, wenn Zahlungen durch ungerechtfertigte Mängelrügen hinausgezögert, mündliche Zusagen gebrochen oder häufig Rechnungskopien angefordert werden. Zudem leisten sich die betroffenen Unternehmen keine Neuanschaffungen mehr und nutzen veraltete Produktionsanlagen. Hinweise auf eine finanzielle Schieflage liefert auch der Verbrauch von Eigenkapital über Jahre hinweg oder die mehrfache Erhöhung der Kreditlinie (Fremdkapitaleinsatz). Autor: www.crif.com

 

Insolvenzen nehmen zu: Wie sich Unternehmen jetzt schützen können

 

(GFD 01/2023) Die Befürchtungen um eine Insolvenzwelle in Deutschland haben sich erfüllt: Die Firmenpleiten haben im Vergleich zum Vorjahresmonat deutlich zugenommen. Verantwortlich dafür sind in erster Linie die hohen Energiekosten. Dadurch geraten Unternehmen immer mehr unter Druck - selbst in der bislang so erfolgsverwöhnten E-Commerce-Branche.

 

"Alles weist darauf hin, dass die Zahl der Insolvenzen in den nächsten Monaten weiter spürbar ansteigen wird", weiß Robert Giebenrath, der als Unternehmensberater im Finanzbereich jeden Tag haarsträubende Fälle erlebt. "Viele Unternehmen haben gerade einmal fünf Prozent Marge, machen aber dennoch keine Liquiditätsplanung - ein schwerwiegender Fehler, der bald zu Massenentlassungen führen könnte." Gerne berichtet Robert Giebenrath im Folgenden, wie sich die Wirtschaftslage entwickelt - und wie sich Unternehmen jetzt optimal schützen können.

 

Negativindikatoren machen der Wirtschaft zu schaffen

 

Die aktuelle Wirtschaftslage stellt viele Unternehmen auf den Prüfstand. Sie erleben derzeit eine Akkumulation von Negativindikatoren, wie es sie seit dem Krieg nicht mehr gab. Probleme bereiten vor allem die stark steigenden Preise bei wichtigen Produktionsfaktoren. Neben den Energiekosten klettern derzeit auch Löhne und Kreditzinsen nach oben.

 

Hinzu kommt das stark rückläufige Konsumverhalten der Verbraucher. Im Gegensatz zur Coronapandemie ist davon auszugehen, dass die Nachfrage längerfristig ausfallen wird. Direkt oder indirekt betreffen diese Faktoren, die die Zeiten extrem unsicher machen, jedes Unternehmen. Wer seine Finanzen jetzt nicht geordnet hat, kommt unter die Räder. Gerade ein gutes Liquiditätsmanagement auf Basis einer belastbaren Liquiditätsplanung ist hier hervorzuheben.

 

Die Liquiditätsplanung als Herzstück des Finanzplans

 

Zahlungsunfähigkeit ist der häufigste Schritt in die Insolvenz. Entsprechend wichtig ist es, im Rahmen eines funktionierenden Liquiditätsmanagements zeitnah die richtigen Maßnahmen einzuleiten. Voraussetzung ist eine gute Liquiditätsplanung, die einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die Existenz des Unternehmens zu sichern. Wie eine Art Frühwarnsystem macht sie finanzielle Engpässe absehbar, sodass zeitnah entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.

 

Im Rahmen der Liquiditätsplanung gilt es, sämtliche Kosten und anstehenden Investitionen genau unter die Lupe zu nehmen, um zu ermitteln, was derzeit wirklich nötig ist. Gerade in diesem Winter gilt es, das Geld beisammenzuhalten. In stark betroffenen Branchen wie dem Handel im gehobenen Preissegment können noch radikalere Maßnahmen erforderlich sein. Radikale Restrukturierung ist das Stichwort. Zusätzlich müssen sich gerade die Geschäftsführer rechtlich absichern, um nicht privat unter die Räder zu kommen. Auch hier ist eine gute Liquiditätsplanung unerlässlich. Autor: www.rg-finance.de

 

1,2 % mehr beantragte Regelinsolvenzen im November 2022 als im Vormonat

 

(GFD 12/2022) Unternehmensinsolvenzen Januar bis September 2022: -0,4 % zum Vorjahreszeitraum

Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im November 2022 um 1,2 % gegenüber Oktober 2022 gestiegen. Im Oktober 2022 hatte die Zahl um 18,4 % gegenüber September 2022 zugenommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor. Die Insolvenzstatistik bildet nur Geschäftsaufgaben ab, die im Zuge eines Insolvenzverfahrens ablaufen, nicht jedoch solche aus anderen Gründen beziehungsweise vor Eintritt akuter Zahlungsschwierigkeiten. Diese und weitere Hinweise sind bei der Interpretation der Insolvenzstatistiken zu beachten.

 

0,4 % weniger Unternehmensinsolvenzen von Januar bis September 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum

 

Von Januar bis September 2022 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 10 643 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das waren 0,4 % weniger als von Januar bis September 2021.

 

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den von Januar bis September 2022 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf rund 10,8 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum hatten die Forderungen mit rund 45,5 Milliarden Euro deutlich höher gelegen, da damals mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen insolvent wurden als von Januar bis September 2022.

 

Baugewerbe mit den meisten Insolvenzen

 

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es von Januar bis September 2022 im Baugewerbe mit 1 970 Fällen (Januar bis September 2021: 1 821; +8,2 %). Es folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 1 571 Verfahren (Januar bis September 2021: 1 593; -1,4 %).

 

18,6 % weniger Verbraucherinsolvenzen von Januar bis September 2022 als im Vorjahreszeitraum

 

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist von Januar bis September 2022 um 18,6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Die Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen ist seit Mitte 2020 im Zusammenhang mit einem Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre zu betrachten. Die Neuregelung gilt für seit dem 1. Oktober 2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren. Sie ermöglicht den Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Daher ist davon auszugehen, dass viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der Neuregelung zu profitieren. Dieser Nachholeffekt sorgte ab Anfang 2021 für einen starken Anstieg der Verbraucherinsolvenzen und scheint inzwischen beendet. Autor: www.destatis.de

 

Reform des Insolvenzrechts tritt in Kraft: Verkürzte Restschuldbefreiung und Einführung neuer Sanierungsmöglichkeiten

 

(GFD 12/2020) Um den Jahreswechsel werden zwei wichtige Gesetze zur Reform des Insolvenzrechts in Kraft treten. Das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 2020 in Kraft, das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

 

Mit dem Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens wird überschuldeten Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern ein schnellerer Neuanfang ermöglicht. Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre statt wie bisher im Regelfall sechs Jahre sorgt dafür, dass Betroffene schneller wieder aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilhaben können.

 

Mit diesem Gesetz werden Vorgaben der europäische Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie (EU 2019/1023) umgesetzt. Die Regelungen zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens werden über die Vorgaben der Richtlinie hinaus nicht nur für unternehmerisch tätige Schuldner gelten, sondern, wie von der Richtlinie empfohlen, auch für Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine Befristung der Einbeziehung von Verbraucherinnen und Verbraucher ist – anders als im Regierungsentwurf – nicht mehr vorgesehen.

 

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre wird rückwirkend auch für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden. Damit können auch diejenigen Schuldnerinnen und Schuldnern bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden, die durch die Covid-19-Pandemie in die Insolvenz geraten sind. Für Insolvenzverfahren, die im Zeitraum vom 17. Dezember 2019 bis einschließlich 30. September 2020 beantragt wurden, wird das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt.

 

Anders als bislang wird es künftig für eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren nicht mehr erforderlich sein, dass die Schuldnerinnen und Schuldner ihre Verbindlichkeiten in einer bestimmten Höhe tilgen. Allerdings müssen Schuldnerinnen und Schuldner auch weiterhin bestimmten Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um eine Restschuldbefreiung erlangen zu können, z.B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen. Darüber hinaus werden die Schuldnerinnen und Schuldner in der sog. Wohlverhaltensphase stärker zur Herausgabe von erlangtem Vermögen herangezogen. Außerdem wird ein neuer Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung geschaffen, wenn in der Wohlverhaltensphase unangemessene Verbindlichkeiten begründet werden.

 

Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts wird ein Rechtsrahmen für Restrukturierungen eingeführt, mit dem Insolvenzen abgewendet werden können. Davon können insbesondere auch Unternehmen Gebrauch machen, die infolge der Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Mit der Einführung der neuen Restrukturierungsoptionen wird zugleich die europäische Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie (EU 2019/1023) umgesetzt. Das Gesetz beinhaltet zudem eine Fortentwicklung des geltenden Sanierungs- und Insolvenzrechts.

 

Für die von der Pandemie betroffenen Unternehmen werden zudem weitergehende Erleichterungen geschaffen: So wird der für die Überschuldungsprüfung maßgebliche Zeitraum übergangsweise auf vier Monate reduziert, um auf die derzeitigen Prognoseunsicherheiten Rücksicht zu nehmen.

 

Für Unternehmen, bei denen die Auszahlung der seit dem 1. November 2020 vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch aussteht, wird zudem die Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Januar 2021 ausgesetzt.

 

Daneben werden auch die bestehenden Sanierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren fortentwickelt. Es wird sichergestellt, dass der Verzicht auf die Bestellung einer Insolvenzverwalterin oder eines Insolvenzverwalters in den sogenannten Eigenverwaltungsverfahren grundsätzlich nur gut und solide vorbereiteten Vorhaben vorbehalten bleibt. Den Unternehmen wird zugleich ein rechtssicherer Weg zu den eigenverwaltungsbasierten Sanierungsoptionen eröffnet. Da sich die Erfüllung dieser Anforderungen unter den gegenwärtigen Krisenbedingungen nicht immer wird sicherstellen lassen, sollen die neuen Anforderungen aber nicht für Unternehmen gelten, deren Insolvenz auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Autor: www.bmjv.de

 

Druckversion | Sitemap
© Gewerbefinanzen-Deutschland.de I Friedrich Andreas Wanschka I RedaktionMedien Verlag Astrid Klee